Herzlogik
Die Psycho-Logik
der Liebe
Die Psycho-Logik
der Liebe
Es ist einfacher,
uns einzureden,
dass unser Glück
nie existiert hat.
Aus dem Film Ugly beauty.
Es ist leichter,
sich in Arbeit zu stürzen,
als Schmerz zu fühlen.
Es ist leichter,
sich anzutreiben,
als Schmerz zu fühlen.
Denken tut weniger weh als Fühlen.
Es ist leichter, sich zu empören
und andere zu verurteilen,
als Schmerz zu fühlen.
Es ist leichter,
Wut zu fühlen,
als Schmerz und Schuldgefühle.
Es ist leichter,
zu leiden,
als zuzugeben,
Unrecht gehabt zu haben.
Unser Herz folgt einer eigenen Logik, die nicht weniger stringent ist als die rationale Logik. Diese Logik führt dazu, dass wir uns aus Liebe, aus Unkenntnis oder aus einem Missverständnis selbst verraten.
Dieser Selbstverrat dauert so lange an, bis wir ihn erkennen und auch die Gründe verstehen, warum wir es getan haben. Erst dann können wir uns selbst vergeben. Selbstvergebung öffnet den Weg zur inneren Wahrheit und Selbsttreue.
"… und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen." (Johannes 8,32)
Unsere Ausstrahlung wird von der gewonnenen inneren Freiheit und Authentizität profitieren. Wer diesen Weg geht, wird die Logik des Herzens verstehen. Es ist eine psychologische Logik:
Lieber verraten wir uns selbst, als dass wir die Eltern mit ihren Begrenzungen konfrontieren.
Wir verraten uns aus Liebe zu anderen.
Wir verraten uns selbst, weil wir die Begrenzungen der Eltern in unserem Herzen als mangelnde Liebe verstanden – und es in unserem Herzen (!), also nicht mental, immer noch tun.
Wir verraten uns aus einem Missverständnis.
Manche von uns tun sich sehr schwer damit, in ihrem Herzen (!) zu akzeptieren, dass die Eltern nicht perfekt sind. Ich denke, alle Kinder idealisieren ihre Eltern am Anfang des Lebens. Wenn die Desillusionierung zu früh kommt, weigern sie sich, es zu akzeptieren, und geraten in einen ewigen Kampf mit sich und mit den Eltern.
Wir verraten uns aus Unverständnis.
Weil der psychische Schmerz zu groß ist, haben wir Vermeidungsstrategien entwickelt, damit es weniger weh tut. Viele dieser Vermeidungsstrategien beginnen mit einem Sekundenbruchteil des Denkens. So entstehen auch Glaubenssätze.
Wir verraten uns aus Selbstschutz, aus Liebe zu uns selbst.
Bei meinen Klienten habe ich folgende Hierarchie der Schmerz-Vermeidungsstrategien beobachtet:
Es ist leichter, Gefühle auszuagieren, als sie auszuhalten. Mobiliar zerstören, hysterisches lautes Weinen, viel Reden sind Beispiele dafür.
Es ist leichter, sich in Aktivitäten zu stürzen, als Schmerz zu fühlen. Fremdgehen, sich in die Arbeit stürzen, sind Wege, um zu vermeiden, Gefühle auszuhalten. Auch Sport wird manchmal zu einer solchen Vermeidungsstrategie degradiert.
Es ist leichter, zu denken, als Schmerz zu fühlen. Wir fliehen ins Denken, wir rationalisieren gerne unsere Gefühle und beginnen endlose Diskussionen – ob zu Hause oder in den sozialen Medien. Und wir müssen recht haben, denn sonst müssten wir unsere Gefühle aushalten.
Es ist leichter, den anderen Vorwürfe zu machen und sie zu verurteilen, als unsere Gefühle zu fühlen.
Es ist leichter, sich zu empören, als Schmerz zu fühlen.
Es ist leichter, sich mit Opfern zu solidarisieren, als den eigenen Schmerz zu fühlen. Selektive Wahrnehmung der Opfer ist eine Schmerz-Vermeidungsstrategie.
Wenn wir innehalten und fühlen, statt zu verurteilen oder uns zu empören, werden wir wahrscheinlich zuerst Wut fühlen. Es ist die Wut, die wir mit Diskussionen und Recht-haben-wollen verdecken wollten. Es ist leichter, Wut zu fühlen als Schmerz und Schuldgefühle.
Es ist leichter ,Wut zu fühlen, als den Schmerz, verlassen worden zu sein. Wenn ich frage, woher die Wut kommt, finde ich zuerst ein Gefühl von Verlassen-sein.
Dieses Grundgefühl, verlassen zu sein, wird von jeder und jedem anders empfunden: Manche fühlen sich abgelehnt, weggeworfen, unwichtig, vergegenständlicht oder nicht gesehen. Um das alles nicht fühlen zu müssen, werden wir lieber wütend.
Manche von uns wurden physisch verlassen (Scheidung der Eltern, auch der Tod wird von Kindern als verlassen werden psychisch verarbeitet.) Andere fühlten sich damals, als Kinder, innerlich verlassen – und so fühlen sie sich immer noch.
Die Abwesenheit der Väter nach dem 2. Weltkrieg wurde von Mitscherlich thematisiert (Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft). Aber die innerliche Abwesenheit in der Familie, die Tatsache, dass Menschen für Beziehungen unverfügbar sind, ist so alt wie die Menschheit: Menschen im Schmerz, insbesondere wenn dieser Schmerz nicht gesehen wird, können nicht für die anderen da sein.
Mütter leiden oft darunter, für ihre Kinder innerlich abwesend zu sein zu können; sie versuchen, mit Kochen und anderen Haushaltsarbeiten es wiedergutzumachen.
Wenn ich danach frage, was mehr weh tut, verlassen worden zu sein, oder ungeliebt zu sein, lautet die Antwort so gut wie immer: Ungeliebt zu sein.
Das kindliche Herz übersetzt die innerliche oder faktische Abwesenheit der Eltern mit: "Sie lieben mich nicht, sonst wären sie für mich da".
Das ist aber unerträglich, deswegen entwickeln sie den Glaubenssatz: Sie haben mich verlassen, nicht gesehen, abgelehnt, weggeworfen und Ähnliches.
Es ist leichter, zu fühlen, dass man verlassen wurde, als sich ungeliebt zu fühlen.
Es ist leichter, den Schmerz zu fühlen, ungeliebt zu sein, als sich nicht liebens-wert zu fühlen. Ich habe beobachtet, dass es für Menschen schmerzhafter ist, sich nicht liebens-wert zu fühlen, als sich ungeliebt zu fühlen.
Deswegen schließen Kinder, wie auch Erwachsene, wenn sie sich ungeliebt fühlen, sofort daraus: Es liegt an mir, ich bin nicht liebenswert, sonst würden sie mich lieben.
Es ist leichter, sich nicht liebens-wert zu fühlen, als sich wertlos zu fühlen.
Wenn wir uns nicht liebens-wert fühlen, finden wir oft dahinter ein Gefühl, wertlos zu sein. Manche empfinden es als eine existenzielle Vernichtung, als ob sie kein Recht auf Leben hätten.
Wird die Herz-Logik entlarvt, die zu diesem Glaubenssatz geführt hat, fällt es vielen leichter, ihr Denken zu ändern und den Glaubenssatz loszulassen.
Manchmal fühle ich jedoch, dass der Schmerz NICHT daraus kommt, dass sich der Klient wertlos fühlt, sondern weil die Mutter oder der Vater nicht anders konnte, als sich so unlieb zu verhalten. Es ist der Schmerz um die Eltern, in ihrer Not – ein Schmerz aus Liebe. Dieser Schmerz ist nicht zu therapieren, sondern zu würdigen. An dieser Stelle ist es wichtig, die Liebe ins Bewusstsein zu bringen und ihr Raum zu geben. Es empowert.
Manchen Klienten fällt es jedoch schwer, sich einzugestehen, dass sie die ganze Zeit Unrecht hatten. Es ist leichter, im Schmerz zu verharren, wertlos zu sein und die anderen anzuklagen, als sich einzugestehen, dass man die ganze Zeit Unrecht hatte.
Willst du recht haben oder glücklich sein? Viele Menschen möchten lieber recht haben, als glücklich zu sein. Menschen wollen recht haben, meist um zu verhindern, Schmerz und Enttäuschungen zu fühlen. Es ist leichter zu leiden, als zuzugeben, Unrecht gehabt zu haben.
Manchmal ist es auch nur unser Ego, das recht haben will. Wenn ich spüre, dass dahinter keine Verwundung liegt, helfe ich dem Klienten, mit passenden Anmerkungen über sich zu lachen, um Altes loszulassen.. Humor ist ein göttliches Heilmittel.